Pflegereform 2021
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat das Gesundheitsversorgungsweiter-entwicklungsgesetz (GVWG) verabschiedet, wonach alle Pflegekräfte künftig nach Tarif bezahlt werden sollen, ohne dass Pflegebedürftige dadurch überfordert werden. Ab dem 1. September 2022 sollen nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, – also mit der Pflegeversicherung abrechnen können – die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen bezahlen. Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn sie ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
- die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, oder
- die Höhe der Entlohnung einer der Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelung nicht unterschreitet.
Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind bis spätestens zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab 1. September 2022 an die Vorgaben dieser Regelungen anzupassen. Demnach können die nicht tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen wählen, in Höhe welcher anwendbaren kollektivrechtlichen Regelung sie ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, entlohnen. Die Regelung sieht daher eine Anknüpfung an das jeweilige regional übliche kollektivrechtliche Entgeltniveau vor.
Ab dem 1. September 2022 kann bei tarifgebundenen oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebundenen Pflegeeinrichtungen eine Bezahlung von Gehältern der Beschäftigten bis zur Höhe der aus dieser Bindung resultierenden Vorgaben nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden.
Des Weiteren werden bundeseinheitlichen Personalschlüssel vorgeben und somit weitere Einstellungen zusätzlicher Pflegekräfte ermöglicht. Ab dem 1. Juli 2023 kann in den Pflegesatzvereinbarungen nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 SGB XI für vollstationäre Pflegeeinrichtungen höchstens die sich aus nachfolgenden Personalanhaltswerten ergebende personelle Ausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal vereinbart werden:
- für Hilfskraftpersonal ohne Ausbildung nach Nummer 2
- a) 0,0872 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1,
- b) 0,1202 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 2,
- c) 0,1449 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3,
- d) 0,1627 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4,
- e) 0,1758 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 5,
- für Hilfskraftpersonal mit landesrechtlich geregelter Helfer- oder Assistenzausbildung in der Pflege mit einer Ausbildungsdauer von mindestens einem Jahr
- a) 0,0564 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1,
- b) 0,0675 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 2,
- c) 0,1074 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3,
- d) 0,1413 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4,
- e) 0,1102 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 5,
- für Fachkraftpersonal
- a) 0,0770 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1,
- b) 0,1037 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 2,
- c) 0,1551 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3,
- d) 0,2463 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4,
- e) 0,3842 Vollzeitäquivalente je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 5.
Abweichend zu den vorgenannten Höchstgrenzen kann ab dem 1. Juli 2023 eine höhere personelle Ausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal vereinbart werden, wenn
- in der bestehenden Pflegesatzvereinbarung bereits eine personelle Ausstattung vereinbart ist, die über die personelle Ausstattung nach den Höchstgrenzen hinausgeht und diese personelle Ausstattung von der Pflegeeinrichtung vorgehalten wird, oder
- in dem am 30. Juni 2023 geltenden Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 SGB XI eine höhere personelle Ausstattung für Fachkraftpersonal geregelt ist, als nach den Höchstgrenzen vereinbart werden kann, oder
- die Pflegeeinrichtung sachliche Gründe für die Überschreitung der personellen Ausstattung nach den Höchstgrenzen darlegen kann.
Die Pflegekräfte sollen mehr Verantwortung bekommen – sie sollen künftig Hilfsmittel verordnen und eigenständige Entscheidungen in der häuslichen Pflege treffen können. Nach dieser Regelung sollen entsprechend qualifizierte Pflegefachkräfte innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens für Leistungen der häuslichen Krankenpflege selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer der nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen bestimmen können.
Dem Weiterem wird mit der Pflegereform Kurzzeitpflege im Krankenhaus ermöglicht. Können im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Pflegeleistungen nach dem Elften Sozialgesetzbuch nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden, erbringt die Krankenkasse Leistungen der Übergangspflege in dem Krankenhaus, in dem die Behandlung erfolgt ist. Die Übergangspflege im Krankenhaus umfasst die im Einzelfall erforderliche ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die Aktivierung der Versicherten, Grund- und Behandlungspflege, ein Entlassmanagement sowie Unterkunft und Verpflegung. Ein Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus besteht für längstens zehn Tage je Krankenhausbehandlung.
Die Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 sollen nach mehr als 24 Monaten Pflege durchschnittlich um rund 410 Euro im Monat, nach mehr als 36 Monaten Pflege sogar um rund 638 Euro im Monat entlastet werden. In der nachfolgenden Tabelle wird die Entlastung der Pflegebedürftigen bezogen auf einen bundesdurchschnittlichen Eigenanteil von 911,00 Euro abgebildet:
Pflegebedürftige mit Vollstationäre Pflege | Entlastung durch Reform * in Euro | Entlastung durch Reform * in Prozent |
---|---|---|
ab dem 1. Monat | 45,55 | 5 |
mit mehr als 12 Monaten | 227,75 | 25 |
mit mehr als 24 Monaten | 409,95 | 45 |
mit mehr als 36 Monaten | 637,70 | 70 |
* bezogen auf den bundeseinheitlichen Eigenanteil von 911 Euro
Die Leistungsbeträge für ambulante Pflegesachleistungen werden zum 1. Januar 2022 um 5 Prozent angehoben. Die Anhebung dient zum Ausgleich des sich aus der vorgesehenen Anbindung der Löhne an Tarife ergebenden Kostenanstiegs. Um die Unterstützung der häuslichen Pflege durch die Kurzzeitpflege zu stärken, wird der Höchstleistungsbetrag für die Kurzzeitpflege zum 1. Januar 2022 um 10 Prozent angehoben. Die Anhebung soll, die sich aus den vorgesehenen Verbesserungen im Bereich der Vergütung der Kurzzeitpflege ergebenden Kostensteigerungen ausgleichen.
Ab 2022 soll die Pflegeversicherung einen pauschalen Bundeszuschuss in Höhe von jährlich 1 Milliarde Euro erhalten. Außerdem wird der Beitragszuschlag für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte angehoben, hierdurch würde die Pflegeversicherung zusätzlich 400 Mio. Euro/Jahr erhalten.
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